Vorsicht, Umfrage

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  Kommentar von artichox-Chefredakteur Christian Meyer
(aktualisiert am 14.01.2024|Studien und Umfragen|Darf man beim Beten rauchen?
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♥(Forts.) Natürlich nicht! Darf man, wenn man schon raucht, dazu gelegentlich auch noch beten? Selbstverständlich. So lautet ein alter Witz über jesuitische Rhetorik. Wie gesagt, das ist nur ein Witz, doch das Exempel zeigt auf, welche Freiheiten sich Meinungsforschungsinstitute bezüglich Fragestellung herausnehmen können, wenn sie eine Kampagne gestalten. Etwas überspitzt formuliert: Mit der entsprechenden Fragestellung lassen sich nahezu sämtliche gewünschten Antworten provozieren. In letzter Zeit ist es bei manchen Unternehmen Mode geworden, intern gewonnene Informationen mediengerecht aufzubereiten, um damit bei der Presse Aufmerksamkeit für ihre Firma zu erheischen - ungeschminkt gesagt: Schleichwerbung zu betreiben. Nur zu gerne stürzen sich besonders in der Ferienzeit Redaktionen auf solches Zahlenmaterial, oft ohne lange nach den Beweggründen des Absenders und den Bedingungen der Umfrage (repräsentativer Anspruch, sprich Anzahl Befragte, Auswahlkriterien wie Wohnort, Einkommen, Lebenssituation, etc.) zu recherchieren. Tourismus-orientierte Buchungs- und Bewertungsplattformen agieren in dieser Disziplin gegenwärtig an vorderster Front - für Fachleute oft ein doppeltes Ärgernis. Dieselben Unternehmen, welche die Gewinne der Hotelbranche durch überhöhte Provisionen empfindlich schmälern, stochern oft auch noch in offenen Wunden herum. Wobei: Für faire Kritik sollte jeder qualitätsbewusste Gastronom und Hotelier empfänglich sein.
Zurück zu den Umfragen. Eher harmlos sind solche Studienergebnisse, wenn über Alltägliches befragt oder Fakten breitgeschlagen werden, die ohnehin auf der Hand liegen. Bedenklicher ist es indessen, wenn politische Parteien oder gar Regierungen bei Umfragen zu Tricks greifen, die man nur als vorsätzliche Täuschung bezeichnen kann. Siehe systematische Desinformation der russischen Medien durch die Kopfnicker des Kreml-Herrschers. Oder blicken wir weiter nach Osten. Dort ist es zum Teil ebenso schlecht bestellt.  Forderung an die Markt- und Meinungsforschungsinstitute (die übrigens selten politisch neutral sind): Fragestellung, Anzahl Befragte, ferner Auswahlkriterien (Alter, Geschlecht, Einkommen, Bildung, Wohnort, Wohnsituation, Lebenssituation) und angewendete Gewichtung müssen zu jeder Umfrage öffentlich zugänglich sein - beispielsweise online. Jeder kennt die bissigen Worte Churchills: "Traue keiner Statistik, die du nicht selbst gefälscht hast". Dasselbe lässt sich von Umfragen (und den daraus erstellten Studien) sagen.
(C) Christian Meyer

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